Lettland

23.-26. Juli 2024

4 Reisetage
3 Radeltage
200 km

Fotos anklicken für Großformat

In nur drei Tagen bewältige ich die Strecke von Riga Richtung Nordosten über das malerische, im großen National-Naturpark Gauja gelegene Sigulda und das nette Cēsis bis in die Zwillingsgrenzstadt Valka auf lettischer und Valga auf estnischer Seite. 

Nach meiner ‚Flucht‘ aus dem im Touristenrummel erstickenden Riga ist die Fahrt zunächst auf dem parallel zur Autobahn verlaufenden Radweg relativ leicht, aber wenig reizvoll. Doch mit Eintritt in den Nationalpark ändert sich das schlagartig. Tiefe Sandstrecken und lange Wellblech-Schotterpassagen sowie unerwartet steile, wenn auch in der Regel nicht sehr lange Anstiege fordern höchsten Einsatz und mitunter zur Umplanung wegen absoluter Unbefahrbarkeit der vom Routenplaner vorgegebenen Strecke. 

im Gauja-Natur- …
… Nationalpark
einer der moderateren Anstiege
auch das war noch nicht der Schwerste!

Besonders An- und Ausfahrt Sigulda werden dabei zur extremen Herausforderung. Das auf einer Hochebene über dem Fluß Gauja gelegene, durch Wintersport-Worldcup-Veranstaltungen bekannte Sigulda, erreiche ich über einen fast zwei Kilometer langen, bis zu 12 Prozent steilen Anstieg. 

ländliche Ídylle
Anstieg nach Sigulda

Erst nach längerem, zunächst vergeblichen Suchen finde ich mit dem Sigulda Lakeside Camping einen sehr schönen, idyllischen Zeltplatz. Dort schaffe ich gerade noch rechtzeitig mein Zelt aufzuschlagen, bevor ein heftiges Gewitter mit extremen Starkregen losbricht. 

Nach weiterhin regnerischer Nacht nutze ich am Morgen die Zeit bis zur Trocknung von Zelt und Sonstigem mit Blog-Aktualisierung, um gegen Mittag bei extrem schwül-heißen Bedingungen endlich aufzubrechen. 

Da ahne ich noch nicht, was mir bevorsteht: ein stundenlanges Gewitter mit Starkregen, Windböen und einem Temperatursturz von rund 20 Grad zwingt mich auf mittlerweile unbefahrbarer Schotterstrecke zum Anhalten, um unter einem großen Baum ein wenig Schutz zu suchen. Die anschließende Weiterfahrt über total ausgewaschene Feld- und Waldwege, gespickt mit steilen, rutschigen Abfahrten und zu reißenden Bächen mutierten Anstiegen bis zu 14%, wird zur besonderen Härteprüfung, sodass ich nach nur 40 km Halbtages-Etappe erschöpft in Cēsis im gleichnamigen Hotel einchecke, auch um meine total verdreckte Wäsche zu waschen. 

Warten im Starkregen
ausgewaschene Wegstrecke
geflutete Schotterstrecke

Anfangs scheint mich der dritte Tag noch mit sommerlichen Temperaturen und einer leichten Fahrt über die einzige und deshalb zwar relativ stark befahrene, aber sehr gefällige Nationalstraße sowie leichter Windunterstützung zu entschädigen. Doch nach gut 50 km bricht erneut ein heftiges Gewitter mit anhaltendem Platzregen los, so urplötzlich, dass mir keine Zeit bleibt, Regenkleidung anzuziehen. Zum Glück sinken die Temperaturen nicht zu sehr, und so radele ich ca. 10 km durch dieses ‚Duschbad‘, bis ich in den Schutz eines Bushaltestellen-Häuschens flüchten kann. Auf den verbleibenden 20 km bis zum Ziel trocknet mir die wieder strahlende Sonne meine nasse Kleidung – bis auf die Schuhe. 

Schutz vor Starkregen im Bushäuschen
Brücke in Valmeira
alter Grenzübergang Valka < > Valga
drohendes Gewitter
Trockengestell für Radlerschuhe

Kurz nach Grenzübertritt in das vierte Land meiner Tour, Estland, baue ich schnell mein Zelt am Rande von Valga vor dem sich mächtig auftürmenden, drohenden nächsten Gewitter auf, das zum Glück aber dann ausbleibt, sodass ich entspannt mein Abendmenü herrichten und den Abend vor meinem Zeltchen genießen kann. 

Jetzt habe ich noch gar nichts über Land und Leute Lettlands berichtet.

Natürlich darf ich die Perle des Baltikums, Riga, nicht übergehen. Schließlich habe ich ihretwegen meine ursprüngliche Reiseroute kurzfristig geändert, eine Entscheidung, die ich bei meinem dann folgenden Besuch beinahe bedauere. Zu groß ist der Schock, als ich dort ankomme und vom Heer der überwiegend ausländischen Besucher geradezu mitgerissen werde, mitgerissen durch die Gassen der Altstadt, von einer Sehenswürdigkeit zur nächsten, immer wieder blockiert von Gruppen mit Knopf im Ohr einem oder einer Fremdenfüher:in lauschend, vorbei an den unzähligen ‚Fressbuden‘.

Altstadt Riga
Schwarzhäupterhaus Riga
Altstadt Riga
Touristen in Riga
überbordende …
…Außengastronomie

Die, wohl auch als Folge der Corona-Pandemie ausufernde, Außengastronomie scheint zur Hauptattraktion geworden zu sein, verstellt dabei die schönsten Plätze und den Blick auf die einmaligen Attraktionen Rigas wunderbarer Altstadt. Wehmütig denke ich zurück an meinen denkwürdigen ersten Besuch 2009, als die Stadt noch vergleichsweise übersichtlich und ruhiger war, aber auch das Ende meiner damaligen Ostsee-Umradelung brachte, da mir hier mein Rad gestohlen wurde.

Kurz entschlossen entfliehe ich der Altstadt und widme meinen nach der Ankunft aus Vilnius ohnehin nur wenige Stunden währenden Aufenthalt einigen Besonderheiten abseits der Massen, den herrlichen Jugendstil-Fassaden in der Alberta Iela. Auch genieße ich die Ruhe im Park um den Basteiberg und schenke der Freiheitssäule meine Aufmerksamkeit.

Jugendstilfassaden in der …
…Alberta Iela, Riga
Jugendstilfassaden in der …
…Alberta Iela, Riga
Alberta Iela, Riga
Freiheitssäule, Riga
am Basteiberg, Riga

Auf der Weiterfahrt am nächsten Morgen stelle mich erneut fest: landschaftlich unterscheidet sich Lettland kaum vom Nordosten Polens oder Litauen. Einzig der erwähnte National-Naturpark Gauja mit seinen dichten Wäldern, dem engen und gewundenen Gauja-Tal, unzähligen kleinen Seen und Tümpeln sowie den zum Teil recht steilen Sandsteinbergen sowie Sandsteingrotten und -höhlen ragt deutlich heraus. Heftige Gewitter und strapaziöse Streckenführung versagten mir jedoch intensivere Erkundungen. Viele Touristen kommen in Wandergruppen hierher, um diese Besonderheiten zu entdecken. 

auf der Landstraße
hübsches Anwesen
weiter Blick
Heideröschen am Wegesrand
Sandstreingrotte …
… bei Sigulda

Menschliche Begegnungen gab es, nicht zuletzt auch den geschilderten Umständen geschuldet, keine erwähnenswerten. Auch scheint die Sprachbarriere, besonders in den ländlichen Gebieten, deutlich höher zu sein als in den Nachbarländern. Eher negativ im Vergleich zu den ausnehmend rücksichtsvollen Autofahrern in Polen und Litauen ist mir jedoch die spürbar offensivere Fahrweise hier aufgefallen. Mitunter extrem dichtes Vorbeifahren und Überholen sorgt wiederholt zu kurzen Schreckmomenten. Da aber nie wirklich aggressiv gefahren wird, die ansonsten eher bedrohlichen Lkws dazu stets mit weitem Abstand überholen, gewöhnt man sich dran. 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert